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2024-03-20T22:32:36.865+01:00
2024-03-20T22:37:03.023+01:00
Leben
und
Wunder
Leben und Wunder
Herrn
Johann
Winckelmanns
Herrn Johann Winckelmanns
Präsidentens
der
Alterthümer
zu
Rom
und
Serittore
der
Vati¬
Präsidentens der Alterthümer zu Rom und Serittore der Vati¬
canischen
Bibliotheck,
Mitglieds
der
Königl.
Englischen
Socie¬
canischen Bibliotheck, Mitglieds der Königl. Englischen Socie¬
tät
der
Alterthümer
zu
London,
der
Maleracademie
von
St.
tät der Alterthümer zu London, der Maleracademie von St.
Luca
zu
Rom
und
der
Hetrurischen
zu
Cortona
rc.
Luca zu Rom und der Hetrurischen zu Cortona rc.
Rom,
den
8
Dec.
1762.
Rom, den 8 Dec. 1762.
per
tot
discrimina
rerum
per tot discrimina rerum
Tendimus
in
Latium.
Tendimus in Latium.
Theurester
Freund
und
Bruder!
Theurester Freund und Bruder!
Du,
der
du
mir
der
einzige
übrig
gebliebene
bist
Du, der du mir der einzige übrig gebliebene bist
an
welchen
ich
als
Bruder
schreibe!
von
dir
glaubete
an welchen ich als Bruder schreibe! von dir glaubete
ich,
da
uns
Berge
und
Flüße
trennen,
vergeßen
zu
ich, da uns Berge und Flüße trennen, vergeßen zu
seyn,
da
mir
dein
mir
angenehmes
Schreiben
einge¬
seyn, da mir dein mir angenehmes Schreiben einge¬
händiget
wurde.
Ich
habe
es
an
Herz
und
Mund
händiget wurde. Ich habe es an Herz und Mund
gedrücket,
weil
es
von
deßen
Händen
kommt,
zu
dem
gedrücket, weil es von deßen Händen kommt, zu dem
mich
eine
geheime
Neigung
zog
in
der
ersten
Blüte
mich eine geheime Neigung zog in der ersten Blüte
unserer
Jahre.
Ichstelle
mir,
wie
in
einem
Bilde,
unserer Jahre. Ichstelle mir, wie in einem Bilde,
unsere
ganze
jugendliche
Geschichte
vor.
unsere ganze jugendliche Geschichte vor.
Du
verlangest,
mein
Schatz!
meine
Lebensgeschichte
Du verlangest, mein Schatz! meine Lebensgeschichte
zu
wißen,
und
diese
ist
sehr
kurz,
weil
ich
daßelbe
nach
zu wißen, und diese ist sehr kurz, weil ich daßelbe nach
dem
Genuß
abmeße.
M.
Plautius,
Consul
und
dem Genuß abmeße. M. Plautius, Consul und
welcher
über
die
Illyrier
triumphiret
hatte,
ließ
an
welcher über die Illyrier triumphiret hatte, ließ an
sein
Grabmal,
welches
sich
ohnweit
Tivoli
erhalten
sein Grabmal, welches sich ohnweit Tivoli erhalten
hat,
unter
allen
seinen
angeführten
Thaten
setzen:
hat, unter allen seinen angeführten Thaten setzen:
VIXIT.
ANN.
IX.
Ich
würde
sagen:
ich
habe
bis
VIXIT. ANN. IX. Ich würde sagen: ich habe bis
in
das
achte
Jahr
gelebt;
dieses
ist
die
Zeit
meines
in das achte Jahr gelebt; dieses ist die Zeit meines
Aufenthalts
in
Rom
und
in
andern
Stådten
von
Ita¬
Aufenthalts in Rom und in andern Stådten von Ita¬
lien.
Hier
habe
ich
meine
Jugend,
die
ich
theils
in
der
lien. Hier habe ich meine Jugend, die ich theils in der
Wildheit,
theils
in
Arbeit
und
Kummer
verloren,
zu¬
Wildheit, theils in Arbeit und Kummer verloren, zu¬
rüͤck
zu
rufen
gesuchet,
und
ich
sterbe
wenigstens
zufrie¬
rüͤck zu rufen gesuchet, und ich sterbe wenigstens zufrie¬
dener;
denn
ich
habe
alles,
was
ich
wünschte,
erlanget,
dener; denn ich habe alles, was ich wünschte, erlanget,
ja
mehr
als
ich
denken,
hoffen
und
verdienen
konnte.
ja mehr als ich denken, hoffen und verdienen konnte.
Ich
bin
bey
dem
grösten
Cardinal
und
Enkel
von
Cle=
Ich bin bey dem grösten Cardinal und Enkel von Cle=
mens
XI,
(Albani)
nicht
zu
dienen;
sondern
damit
mein
mens XI, (Albani) nicht zu dienen; sondern damit mein
Herr
sagen
könne,
daß
ich
ihm
angehöre.
Ich
bin
deßen
Herr sagen könne, daß ich ihm angehöre. Ich bin deßen
Bibliothecarius;
aber
seine
große
und
prächtige
Bi¬
Bibliothecarius; aber seine große und prächtige Bi¬
bliotheck
ist
blos
zu
meinem
Gebrauche,
ich
genieß
diesel=
bliotheck ist blos zu meinem Gebrauche, ich genieß diesel=
be
für
mich
allein,
ich
bin
mit
aller
Arbeit
verschonet:
ich
be für mich allein, ich bin mit aller Arbeit verschonet: ich
thue
nichts
als
mit
demselben
ausfahren.
Es
kann
thue nichts als mit demselben ausfahren. Es kann
keine
Freundschaft
genauer
seyn,
als
das
Verhältniß
keine Freundschaft genauer seyn, als das Verhältniß
worinn
ich
mit
demselben
stehe,
welches
auch
kein
Neid,
worinn ich mit demselben stehe, welches auch kein Neid,
und
nur
der
Tod
allein
trennen
kann.
Ihm
offen¬
und nur der Tod allein trennen kann. Ihm offen¬
bare
ich
die
geheimsten
Winkel
meines
Herzens,
und
bare ich die geheimsten Winkel meines Herzens, und
ich
genieße
von
seiner
Seiten
eben
diese
Vertraulich.
ich genieße von seiner Seiten eben diese Vertraulich.
keit.
Ich
schätze
mich
also
für
einen
von
den
seltenen
keit. Ich schätze mich also für einen von den seltenen
Menschen
in
der
Welt,
welche
völlig
zufrieden
sind
und
Menschen in der Welt, welche völlig zufrieden sind und
nichts
zu
verlangen
übrig
haben.
Suche
einen
an¬
nichts zu verlangen übrig haben. Suche einen an¬
dern,
welcher
dieses
von
Herzen
sagen
kann.
dern, welcher dieses von Herzen sagen kann.
Bisher
habe
ich
alle
mir
angetragene
Stellen
aus¬
Bisher habe ich alle mir angetragene Stellen aus¬
geschlagen,
weil
für
mein
Alter
gesorgt
ist
in
Dres¬
geschlagen, weil für mein Alter gesorgt ist in Dres¬
den;
denn
Se.
K.
H.
der
Churprinz
hat
mir
bereits
den; denn Se. K. H. der Churprinz hat mir bereits
vor
vier
Jahren
die
ansehnliche
und
ruhige
Stelle
ei¬
vor vier Jahren die ansehnliche und ruhige Stelle ei¬
nes
Aufsehers
über
deßen
Museum
angetragen,
und
nes Aufsehers über deßen Museum angetragen, und
mir
hierüber
wiederholte
Versicherungen
gegeben,
da
mir hierüber wiederholte Versicherungen gegeben, da
man
in
England
neulich
an
mich
gedacht,
wo
ich
neu¬
man in England neulich an mich gedacht, wo ich neu¬
lich
auch
zum
Mitgliede
der
Königl.
Gesellschaft
der
lich auch zum Mitgliede der Königl. Gesellschaft der
Wissenschaften
bin
ernennet
worden.
In
dieser
Ab¬
Wissenschaften bin ernennet worden. In dieser Ab¬
sicht
und
um
mich
an
den
Hof
gebunden
zu
erhalten,
sicht und um mich an den Hof gebunden zu erhalten,
genieße
ich
noch
einen
Theil
meiner
Pension,
welche
genieße ich noch einen Theil meiner Pension, welche
mir
richtig
aus
den
Händen
des
Königs
selbst
bis
itze
mir richtig aus den Händen des Königs selbst bis itze
ausgezahlet
worden,
ohnerachtet
ich
dieselbe
ganz
und
ausgezahlet worden, ohnerachtet ich dieselbe ganz und
gar
selbst
freywillig
verbeten
hatte,
da
ich
vor
vier
gar selbst freywillig verbeten hatte, da ich vor vier
Jahren
meine
itzige
Stelle
erhielt.
Bis
dahin
lebte
Jahren meine itzige Stelle erhielt. Bis dahin lebte
ich
außer
allen
Verhältnißen,
und
ich
hatte
ein
Paar
ich außer allen Verhältnißen, und ich hatte ein Paar
Jahre
die
Aufsicht
uber
des
Cardinal
Archinto
Bi¬
Jahre die Aufsicht uber des Cardinal Archinto Bi¬
bliotheck
ohne
in
Sold
zu
stehen,
theils
weil
ich
es
in
bliotheck ohne in Sold zu stehen, theils weil ich es in
dem
völligen
Genuße
meiner
Pension
nicht
nöthig
dem völligen Genuße meiner Pension nicht nöthig
hatte,
theils
weil
dieser
Mann,
welcher
in
Dresden
hatte, theils weil dieser Mann, welcher in Dresden
das
Werkzeug
meiner
Bekehrung
war,
nicht
nach
das Werkzeug meiner Bekehrung war, nicht nach
meinem
Sinn
geschnitten
war,
und
vornemlich,
weil
meinem Sinn geschnitten war, und vornemlich, weil
ich
blos
als
ein
Königlicher
Pensionarius
wol¬
ich blos als ein Königlicher Pensionarius wol¬
te
geachtet
werden.
Ich
genoß
zu
gleicher
Zeit
die
te geachtet werden. Ich genoß zu gleicher Zeit die
Freundschaft
des
großen
gelehrten
Cardinals
Pas¬
Freundschaft des großen gelehrten Cardinals Pas¬
sionei;
ich
erschien,
wenn
ich
wolte
an
deßen
Tafel,
sionei; ich erschien, wenn ich wolte an deßen Tafel,
ich
fuhr
mit
demselben
beständig
aus
sowohl
in
der
ich fuhr mit demselben beständig aus sowohl in der
Stadt
als
auch
auf
sein
Landhaus,
und
diese
Freund¬
Stadt als auch auf sein Landhaus, und diese Freund¬
schaft
hob
mich
in
Rom
und
gab
mir
Credit.
Sein
schaft hob mich in Rom und gab mir Credit. Sein
Tod
war
mir
ein
großer
Verlust.
Tod war mir ein großer Verlust.
Vor
vier
Jahren
war
ich
neun
Monate
zu
Flo¬
Vor vier Jahren war ich neun Monate zu Flo¬
renz,
wohin
ich
berufen
war,
die
Beschreibung
der
renz, wohin ich berufen war, die Beschreibung der
geschnittenen
Steine
des
Baron
von
Stosch
zu
ma¬
geschnittenen Steine des Baron von Stosch zu ma¬
chen.
Ein
halbes
Jahr
vorher
that
ich
meine
erste
chen. Ein halbes Jahr vorher that ich meine erste
Reise
nach
Neapel,
und
von
da
nach
Taranto.
Den
Reise nach Neapel, und von da nach Taranto. Den
vergangenen
Winter
that
ich
dieselbe
zum
zweyten
mahl
vergangenen Winter that ich dieselbe zum zweyten mahl
mit
dem
Cammerherrn
von
Brühl,
welchem
ich
das
mit dem Cammerherrn von Brühl, welchem ich das
Sendschreiben
von
den
herculanischen
Sendschreiben von den herculanischen
Entdeckungen
zugeschrieben
habe.
Diese
künfti¬
Entdeckungen zugeschrieben habe. Diese künfti¬
ge
Fasten
werde
ich
zum
dritten
mahl
dahin
gehen,
ge Fasten werde ich zum dritten mahl dahin gehen,
bis
nach
Ostern,
und
in
einer
angenehmen
Gesellschaft
bis nach Ostern, und in einer angenehmen Gesellschaft
werde
ich
deine
Gesundheit
in
dem
besten
Syracuser
werde ich deine Gesundheit in dem besten Syracuser
ausbringen.
ausbringen.
Meine
vorige
Geschichte
nehme
ich
kurz
zusammen.
Meine vorige Geschichte nehme ich kurz zusammen.
In
Seehausen
war
ich
achtehalb
Jahre,
als
Con¬
In Seehausen war ich achtehalb Jahre, als Con¬
rector
an
der
dasigen
Schule.
Bibliothecarius
des
rector an der dasigen Schule. Bibliothecarius des
Herrn
Grafen
von
Bunau
bin
ich
eben
so
lange
ge¬
Herrn Grafen von Bunau bin ich eben so lange ge¬
wesen,
und
ein
Jahr
lebte
ich
in
Dresden
vor
mei¬
wesen, und ein Jahr lebte ich in Dresden vor mei¬
ner
Reise.
In
dieser
Zeit
that
ich
in
gewißen
eige¬
ner Reise. In dieser Zeit that ich in gewißen eige¬
nen
Angelegenheiten
binnen
zween
Monaten
zwey
mal
nen Angelegenheiten binnen zween Monaten zwey mal
eine
Reise
nach
Potsdam;
und
der
Freund,
den
ich
be¬
eine Reise nach Potsdam; und der Freund, den ich be¬
suchte,
gab
mir
nicht
Zeit
Berlin
zu
sehen.
suchte, gab mir nicht Zeit Berlin zu sehen.
Wenn
die
Sachen
in
Deutschland
ein
beßer
Anse¬
Wenn die Sachen in Deutschland ein beßer Anse¬
hen
gewinnen,
werde
ich
eine
Reise
durch
die
Schweitz
hen gewinnen, werde ich eine Reise durch die Schweitz
nach
Sachsen
thun;
aber
nach
Rom
zuruͤck
gehen,
bis
nach Sachsen thun; aber nach Rom zuruͤck gehen, bis
ich
dasjenige,
was
ich
angefangen
habe,
endige.
Mei¬
ich dasjenige, was ich angefangen habe, endige. Mei¬
ne
gröste
Arbeit
ist
bisher
die
Geschichte
der
ne gröste Arbeit ist bisher die Geschichte der
Kunst
des
Alterthums,
sonderlich
der
Bild¬
Kunst des Alterthums, sonderlich der Bild¬
hau=
hau=