prov=READ-COOP:name=PyLaia@TranskribusPlatform:version=2.15.0:model_id=39995:lm=none:date=04_07_2024_13:00
        2024-07-04T13:38:54.698+02:00
        2024-07-04T13:00:27.135Z
        
    
    
        
            
                
                
                
            
        
        
        
            
            
                
                
                
                    8tes Stück. Montag, den 27. Februar. 1764.
                
            
            
                
            
        
        
            
            
                
                
                
                    Beschluß
                
            
            
                
                
                
                    des Versuchs
                
            
            
                
                
                
                    über die Krankheiten des Kopfes.
                
            
            
                
                
                
                    er Mensch im Zustande der Natur kann nur we=
                
            
            
                
                
                
                    nig Thorheiten und schwerlich einiger Narrheit
                
            
            
                
                
                
                    unterworfen seyn. Seine Bedürfnisse halten ihn je¬
                
            
            
                
                
                
                    verzeit nahe an der Erfahrung, und geben seinem ge¬
                
            
            
                
                
                
                    sunden Verstande eine so leichte Beschäftigung, daß er
                
            
            
                
                
                
                    raum bemerkt, er habe zu seinen Handlungen Ver¬
                
            
            
                
                
                
                    stand nöthig. Seinen groben und gemeinen Begier¬
                
            
            
                
                
                
                    den giebt die Trägheit eine Mäßigung, welche der
                
            
            
                
                
                
                    wenigen Urtheilskraft die er bedarf Macht gnug läßt,
                
            
            
                
                
                
                    über sie, seinem größesten Vortheile gemäß zu herrschen.
                
            
            
                
                
                
                    Wo solte er wohl zur Narrheit Stoff hernehmen, da
                
            
            
                
                
                
                    er um anderer Urtheil unbekümmert weder eitel noch
                
            
            
                
                
                
                    aufgeblasen seyn kann? Indem er von dem Werthe
                
            
            
                
                
                
                    ungenossener Güter gar keine Vorstellung hat, so ist
                
            
            
                
                
                
                    er vor die Ungereimtheit der filzigen Habsucht ge¬
                
            
            
                
                
                
                    sichert und weil in seinen Kopf niemals einiger Witz
                
            
            
                
                
                
                    Eingang findet, so ist er eben so wohl gegen allen
                
            
            
                
                
                
                    Aberwitz gut verwahret. Gleichergestalt kann die
                
            
            
                
                
                
                    Stöhrung des Gemuths in diesem Stande der Ein¬
                
            
            
                
                
                
                    falt nur selten statt finden. Wenn das Gehirn des
                
            
            
                
                
                
                    Wilden einigen Anstoß erlitten hätte, so weis ich nicht
                
            
            
                
                
                
                    wo die Phantasterey herkommen solte, um die ge¬
                
            
            
                
                
                
                    wöhnliche Empfindungen, die ihn allein unablaßig
                
            
            
                
                
                
                    beschäftigen, zu verdrengen. Welcher Wähnsinn kann
                
            
            
                
                
                
                    ihm wohl anwandeln, da er niemals Ursache hat, sich
                
            
            
                
                
                
                    en seinem Urtheile weit zu versteigen? Der Wahnwitz=kraft nachhero sich bedienet um sie zu vergleichen. Die¬
                
            
            
                
                
                
                    aber ist gewiß ganz und gar über seine Fahigkeit. Er
                
            
            
                
            
        
        
            
            
                
                
                
                    wird, wenn er im Kopfe krank ist, entweder blödsin¬
                
            
            
                
                
                
                    nig oder toll seyn, und auch dieses muß höchst selten
                
            
            
                
                
                
                    geschehen, denn er ist mehrentheils gesund, weil er
                
            
            
                
                
                
                    frey ist und Bewegung hat. In der bürgerlichen
                
            
            
                
                
                
                    Verfassung finden sich eigentlich die Gährungsmittel
                
            
            
                
                
                
                    zu allem diesem Verderben, die, wenn sie es gleic
                
            
            
                
                
                
                    nicht hervorbringen, gleichwohl es zu unterhalten und
                
            
            
                
                
                
                    zu vergrößeren dienen. Der Verstand, in so ferne er
                
            
            
                
                
                
                    zu den Nothwendigkeiten und den einfältigen Ver¬
                
            
            
                
                
                
                    gnügungen des Lebens zureicht, ist ein gesunder
                
            
            
                
                
                
                    Verstand, in wie ferne er aber zu der gekünstelten
                
            
            
                
                
                
                    Ueppigkeit, es sey im Genusse oder in den Wissen¬
                
            
            
                
                
                
                    schaften, erfordert wird, ist der feine Verstand
                
            
            
                
                
                
                    Der gesunde Verstand des Bürgers wäre also schon
                
            
            
                
                
                
                    ein sehr feiner Verstand vor den natürlichen Men¬
                
            
            
                
                
                
                    schen und die Begriffe, die in gewissen Ständen ei¬
                
            
            
                
                
                
                    nen feinen Verstand voraussetzen, schicken sich nich
                
            
            
                
                
                
                    mehr für diejenige, welche der Einfalt der Natur,
                
            
            
                
                
                
                    zum wenigsten in Einsichten, näher sind, und machen
                
            
            
                
                
                
                    wenn sie zu diesen übergehen, aus ihnen gemeinig
                
            
            
                
                
                
                    lich Narren. Der Abt Terrasson unterschei¬
                
            
            
                
                
                
                    det irgendwo die von gestöhrtem Gemüthe
                
            
            
                
                
                
                    in solche, welche aus falschen Vorstellungen richti
                
            
            
                
                
                
                    schliessen, und in diejenige, die aus richtigen Vor¬
                
            
            
                
                
                
                    stellungen auf eine verkehrte Art schließen. Diese
                
            
            
                
                
                
                    Eintheilung stimmet mit den vorgetragenen Sätzen
                
            
            
                
                
                
                    wohl überein. Bey denen von der ersteren Art, den
                
            
            
                
                
                
                    Phantasten, oder Verrückten, leidet der Verstand ei¬
                
            
            
                
                
                
                    gentlich nicht, sondern nur das Vermögen, welches in
                
            
            
                
                
                
                    der Seele die Begriffe erweckt, deren die Urtheils¬
                
            
            
                
                
                
                    sen Kranken kann man sehr wohl Vernunfturtheile
                
            
            
                
                
                
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