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30tes Stück. Montag, den 14. April, 1766.
Fehlerhafter Beweis von der Fortdauer der
Seele nach dem Tøde.
Die Unsterblichkeit der Seele ist für das mensch=
liche Geschlecht eine so interessante Wahrheit, daß
man sie billig hätte gelten lassen sollen, wenn sie auch
nur, mit dem Cicero zu reden, ein süsser Traum
ware. Weil es aber immer solche unglückliche
Weise gegeben hat, die sich selbst zu wenig, ihre
Vernichtung aber zu viel liebten, als daß sie bey jener
Wahrheit der Demonstration hätten entbehren wol=
ten: so haben es gleichmäßig, große Geister unter¬
nommen, sie hierin zu befriedigen, wenn sie nur
selbst die Absicht hätten, sich befriedigen zu lassen.
Denn aber hat es auch nicht an solchen gefehlt
die in dem Enthusiasmus über die Gewißheit ihrer
guten Sache solche Beweise wählten, welche mehr
nichts, als eine Ueberfärbung eines guten Einfalls,
oder, handwerksmäßig zu reden, der Kitt, womit
man Meynung und Beweis, als Einexlei
gusammen leimte, waren. Unter solche Beweise
rechne ich die Art, die ein neuerer Gottesge¬
lehrter angiebt, wodurch man den Ungläubi¬
gen von der Fortdauer der Seele nach dem Tode
überzeugen könnte. Doch indem wir zu discret und
zu uneigennützig sind, um an den Lorbeern der Geg¬
ner dieses Theologen Theil zu nehmen: so wollen
wir nicht einmal seinen Namen nennen; sondern
nur von der Sache selbst reden.
"Wahrnehmungen der Seelenkräfte im Tode, sagt
"er, machen den Beweis der Unsterblichkeit aus.
Die Erfahrung kann zwar nicht an Sterbenden ge¬
macht werden, welche entweder unter der Hinfällig=
'keit des Alters hinsinken, oder in der Hitze des
Fiebers hingeraft werden. Es ist deutlich, daß,
„wenn die Seele bey beyden selbst mit einzuschlafen
'scheint, oder an den Verwirrungen des Körpers
'Antheil nimmt, dieser Anschein auch nur darin zu
suchen sey, daß der Körper weiter kein tüchtiges
Werkzeug für die Seele sey, und sie durch die Zer¬
rüttung desselben verhindert wird, ihre Wirkungen
'zu äussern. Das Subjekt muß also ein Mensch
seyn, bey dem die Hütte des Leibes, nur so zu sa¬
gen, weggenommen wird, bey welchem die gro¬
be Materie nach und nach abfällt, — ein Schwind¬
süchtiger — ein ausgezehrter und ausgemergelter
Kranker. — Hier ist die wahre Erfahrung, daß
der Geist seine Lebhaftigkeit, seine Stärke, seine
'ganze