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sich guten moralischen Empfindungen, ist der En=
thusiasmus, und es ist niemals ohne denselben in
der Welt etwas Großes ausgerichtet worden. Ganz
anders ist es mit dem Fanaticker (Visionär,
Schwärmer) bewandt. Dieser ist eigentlich ein
gebung, und einer großen Vertraulichkeit mit den
bruch davon neu ist, wenn der betrogene Mensch Ta¬
lente hat und der große Haufe vorbereitet ist dieses
Gahrungsmittel innigst aufzunehmen, alsdenn erdul¬
det bisweilen so gar der Staat Verzukungen. Die
ste, den Mahomet auf den Fürstenthron, und den
Johann von Leiden aufs Blutgerüste. Ich kan
noch in gewißer Maaße zu der Verkehrtheit des Kop= Der zweyte Grad des in Ansehung der oberen Er¬
fes, so ferne dieselbe die Erfahrungsbegriffe betrift,
das gestöhrte Erinnerungsvermögen zählen
Denn dieses täuschet den Elenden, der damit angefoch¬
ten ist, durch eine chimärische Vorstellung wer weiß
was vor eines vormaligen Zustandes, der wirklich
niemals gewesen ist. Derjenige, welcher von den
Gütern redet die er ehedem besessen haben will, oder
von dem Königreiche das er gehabt hat, und sich übri¬
gens in Ansehung seines jetzigen Zustandes nicht merk¬
lich betrügt, ist ein Verrükter in Ansehung der Erin¬
nerung. Der bejahrte Murrkopf welcher fest glaubt,
daß in seiner Jugend die Welt viel ordentlicher und
die Menschen besser gewesen waren, ist ein Phantast
in Ansehung der Erinnerung.
Bis dahin nun ist in dem gestöhrten Kopfe die Ver
standeskraft eigentlich nicht angegriffen, zum wenig
sten ists nicht nothwendig, daß sie es sey; denn der
Fehler steckt eigentlich nur in den Begriffen, die Ur¬
theile selber, wenn man die verkehrte Empfindung als
wahr annehmen wolte, können ganz richtig, ja so gar
ungemein vernünftig seyn. Eine Stöhrung des Ver¬
standes dagegen bestehet darinn: daß man aus allen=
falls richtigen Erfahrungen ganz verkehrt urtheilt:
und von dieser Krankheit ist der erste Grad der
Wahnsinn, welcher in den nächsten Urtheilen aus
der Erfahrung der gemeinen Verstandesregel entge¬
gen handelt. Der Wahnsinnige siehet oder erin¬
nert sich der Gegenstände so richtig wie jeder Gesun¬
de, nur er deutet gemeiniglich das Betragen anderer
Menschen durch einen ungereimten Wahn auf sich
Dieser zweydeutige Anschein von Phantasterey in an aus und glaubet daraus wer weis was vor bedenkliche
Absichten lesen zu können, die jenen niemals in den
Sinn kommen. Wenn man ihn hört so solte man
glauben die ganze Stadt beschäftige sich mit ihm. Die
Marktleute welche mit einander handeln und ihn et¬
wa ansehen schmieden Anschläge wieder ihn, der Nacht¬
Verrückter von einer vermeinten unmittelbaren Ein= wächter rufet ihm zum Possen, und kurz er siehet nichts
als eine allgemeine Verschwörung wieder sich. Der
Machten des Himmels. Die menschliche Naturken= Melancholische, welcher in Ansehung seiner
net kein gefährlicheres Blendwerk. Wenn der Aus= traurigen oder kränkenden Vermuthungen wahnsinnig
ist, ist ein Trübsinniger. Es giebt aber auch aller¬
ley ergötzender Wahnsinn, und die verliebte Leiden¬
schaft schmeichelt oder qvälet sich mit manchen wun¬
derlichen Deutungen, die dem Wahnsinn ähnlich sind.
Schwärmerey führet den Begeisterten auf das äußer= Ein Hochmüthiger ist in gewißer Maaße ein Wahn
sinniger, welcher aus dem Betragen anderer, die ihn
spöttisch angaffen, schließt, daß sie ihn bewundern.
kentnißkraft gestöhrten Kopfes ist eigentlich die in Un¬
ordnung gebrachte Vernunft, in so ferne sie sich in
eingebildeten feineren Urtheilen über allgemeine Be¬
griffe auf eine ungereimte Art verirret, und kan der
Wahnwitz genannt werden. In dem höheren
Grade dieser Stöhrung schwärmen durch das ver¬
brannte Gehirn allerley angemaaßte überfeine Ein¬
sichten: die erfundene Länge des Meeres, die Ausle¬
gung von Prophezeyungen, oder wer weis was vor
ein Mischmasch von unkluger Kopfbrecherey. Wenn
der Unglückliche hiebey zugleich die Erfahrungsurthei¬
le vorbey geht, so heißet er aberwitzig. In dem
Falle aber, daß er viele richtige Erfahrungsurtheile
zum Grunde liegen habe, nur daß seine Empfindung
durch die Neuigkeit und Menge der Folgen, die sein
Witz ihm darbietet, dergestalt berauschet ist, daß er
nicht mehr auf die Richtigkeit der Verbindung acht
hat, so entspringt daraus östers ein sehr schimmern¬
der Anschein von Wahnwitz, welcher mit einem gro¬
ßen Genie zusammen bestehen kann, in so ferne
die langsame Vernunft den empöhrten Witz nicht mehr
zu begleiten vermag. Der Zustand des gestöhrten
Kopfes, der ihn gegen die äußere Empfindungen
fühllos macht, ist Unsinnigkeit; diese, so ferne
der Zorn darinn herrscht, heißt die Raserey. Die
Verzweifelung ist ein vorübergehender Unsinn eines
Hofnungslosen. Die brausende Heftigkeit eines Ge¬
stöhrten heißt überhaupt die Tobsucht. Der Tob¬
süchtige, in so ferne er unsinnig ist, ist toll.
(Der Beschluß künftig.)