prov=READ-COOP:name=TrHtr:version=2.12.0:model_id=51170:date=06_04_2024_21:31
2024-04-06T21:24:17.196+02:00
2024-04-06T21:32:45.010+02:00
56tes Stück. Montag, den 13. August 1764.
Leipzig.
Briefe eines chinesischen Weltweisen an seine
Freunde in den Morgenländern. Aus dem
Englischen. Zweyter Theil, in 8vo, 1764, 19 und
"1 halber Bogen." Es ist bereits in unserm 18ten
Blatte von dem ersten Theile dieses Werkes geredet,
und damals der Riß, nach dem es verfertigt ist, den
Lesern vorgelegt worden. Es bleibt also nichts übrig,
als zu bemerken, daß der zweyte in dem gleichen To=
ne geschrieben ist, und durch dieselbe feine Satyre
empfohlen wird. Der Verfasser hat eine ganz beson=
dre Gabe, das Lächerliche an Personen und Dingen
aufzufassen und vorstellig zu machen. Die belusti
genden Aufsätze von dieser Art sind zu viele, als daß
wir sie hier anführen könnten; doch wollen wir eini¬
ge zur Probe auszeichnen. Der 27ste Brief dieses
Bandes enthält das Tagebuch eines hypochondrischen
chen Wirkungen der Planeten und Kometen Klage,
führt, und zuletzt von der Entweichung seiner Toch=
am Sonnabende: "Der Mond, finde ich wohl, ge=
räth wieder auf seine alten Tücken. Seine Stöße,
schwankende Bewegungen und andre Unregelmäßig= daß man in der Hauptsache nichts klüger ist, als zu
keiten machen in der That, daß ich erschrecke. Auch
meine Tochter muß diesen Morgen mit einem Gra=
nadier davon gehen! Gar nicht wunderbar! Ich
"bin niemals im Stande gewesen, ihr einen Ge=
schmack an Weisheit beyzubringen. Sie versprach
niemals mehr von sich, als daß sie im Reiche der
Schöpfung nur eine Figur zur Ausfüllung
bleiben würde. Aber der Mond, der Mond macht
mir wirklichen Kummer." Ein andrer Brief, der
37ste, redet von der Spielsucht der Chineserinnen,
die der Verfasser als sehr ausschweifend beschreibt.
Er erzählt von seiner ledigen Muhme, die sich mit
einem Spieler eingelassen hatte, an den sie, nach
Abschied ihres Geldes, ihre Kleider Stück für Stücke
verspielte, darauf ihre Zahne, und zuletzt ihr linkes
Auge; wobey sie jedoch den Spieler betrog, weil es
nur von Glas eingesetzt war. Darauf macht der
Verf. eine sehr schlaue Wendung auf die Engländen
rinnen, und lobt sie wegen ihrer Enthaltsamkeit.
Ich kann ihnen gar nicht nachsagen, (heißt es,) daß
'sie so hartnäckig im Spiele ausschweiften. Es ist
"wohl wahr, sie spielen zuweilen ihre Männer und
'Kinder an den Bettelstab. Das aber habe ich doch
"niemals gesehen, daß eine von ihnen beym Spiele
ihren Rock, Manteau, oder Kopfzeug abgeworfen
hatte.” Der 55ste Brief liefert den Versuch einer
Gelehrten, der eine Woche lang über die besorgli= Reisebeschreibung, im Geschmacke der Reise beschrei¬
ber verfaßt. Die Reise geht nach einem Städtchen
bey London. Der Verfasser geht mit ernster Mie=
ter nicht halb so sehr gerührt wird. So schreibt er ne aus, bemerkt unterwegs mit sorgfältiger Neugier
einige nichtsbedeutende Umstände, und bricht zuletzt,
da er nun den Ort beschreiben sollte, plötzlich ab, so
vor. Der chinesische Weltweise beschließt mit diesem
Theile die Beschreibung seiner Abentheuer, und be-
zeigt sich noch am Ende sehr gleichgültig gegen sein
Vaterland. "Da für mich die ganze Welt nur eine
einzige große Stadt, so frage ich wenig darnach, in
welcher Straße ich mich aufhalte.” Kostet in
der Kanterschen Buchhandlung allhier, wie auch in
Elbing und Mitau, und der Zeit in Riga 1 fl.
21 pr.
Franz